Infografik: Probezeit in befristeten Arbeitsverträgen

Probezeit befristeter Arbeitsvertrag – verhältnismäßige Dauer!

Die Probezeit dient im Arbeitsrecht sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer dazu, sich gegenseitig zu beschnuppern. Innerhalb der vereinbarten Probezeit haben Arbeitgeber und sein Personalmanagement die Möglichkeit, sich von der Eignung seines neuen Mitarbeiters überzeugen zu können. Erweist sich der Arbeitnehmer insgesamt als eher ungeeignet, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gemäß § 622 Absatz 3 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) mit einer Frist von zwei Wochen kündigen. Zumindest galt dies uneingeschränkt bis August 2022. Denn die Reform des Nachweisgesetzes im Jahr 2022 brachte auch für die Probezeit im befristeten Arbeitsvertrag wichtige Änderungen. So muss die Dauer der Probezeit nach den Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetz neuerdings verhältnismäßig sein. Doch was bedeutet das für die Praxis? Wie lange die Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis dauern darf und ab wann von einer Verhältnismäßigkeit zu sprechen ist, erfahren Sie in unserem Ratgeber „Probezeit im befristeten Arbeitsvertrag“.
Inhaltsverzeichnis

Wie lange darf die Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis dauern? 

In einem befristeten Arbeitsverhältnis muss die Probezeit seit dem 1. August 2022 im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. 

Denn im Zuge der Reform des Nachweisgesetzes (voller Name: Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen) wurde u. a. auch das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) erneuert. Seit dem 1. August 2022 fordert § 15 Absatz 3 TzBfG, dass in einem befristeten Arbeitsvertrag die darin vereinbarte Probezeit in einem ausgewogenen Verhältnis zur Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit steht. Damit wird klar, dass die Probezeit in der Regel keine sechs Monate mehr betragen darf, wie es in § 622 Absatz 3 BGB als maximale Dauer festgelegt ist. 

Während sich die Änderungen des Nachweisgesetzes auf die Probezeit im befristeten Arbeitsvertrag beziehen, bleiben die Regelungen zur Probezeit bei unbefristeten Arbeitsverträgen weitgehend unverändert.

Wie lange darf die Probezeit in unbefristeten Arbeitsverträgen dauern?

Gemäß § 622 Abs. 3 BGB darf die maximale Probezeit bei unbefristeten Arbeitsverträgen nicht über sechs Monate hinausgehen. Grundsätzlich gilt jedoch, dass die Dauer der Probezeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhandelt wird. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die vertraglich vereinbarten Zeiträume „sachlich gerechtfertigt“ sind. Üblich sind Probezeiten von entweder drei oder sechs Monaten. Eine nachträgliche Verlängerung der Probezeit kann dann stattfinden, wenn die ursprünglich vereinbarte Probezeit von etwa drei auf sechs Monate angehoben wird. 

Die Änderungen im Nachweisgesetz regeln seit dem 1. August 2022, dass die Probezeit unbedingt schriftlich festgehalten wird. Der Arbeitnehmer muss die Niederschrift – inklusive der Angaben zur Probezeit – bis zum 7. Kalendertag nach Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgehändigt bekommen. 

Anders lautende Regelungen können gemäß § 622 Abs. 4 BGB dann getroffen werden, wenn eine tarifliche Vereinbarung vorliegt. So können sich hierdurch sowohl Einschränkungen, aber auch Erweiterungen ergeben, die über die Vorschriften des § 622 Abs. 3 BGB hinausgehen.

Wann ist eine Probezeit verhältnismäßig? 

§ 15 Abs. 3 TzBfG gibt vor, dass die in einem befristeten Arbeitsverhältnis vereinbarte Probezeit im Verhältnis zur Dauer der Befristung und Art der Tätigkeit stehen muss. Aber welche Kriterien geben den Ausschlag für eine zu bejahende Verhältnismäßigkeit im Sinne des § 15 TzBfG? 

Nachdem die neue gesetzliche Vorschrift eine automatische bzw. pauschale Festlegung einer sechsmonatigen Probezeit quasi verhindert, gilt es herauszufinden, in welchen Fällen man stattdessen von einer verhältnismäßigen Probezeit sprechen kann. 

Wann ist eine Probezeit nach Dauer der Befristung der verhältnismäßig?

Die bestehende und noch andauernde Rechtsunsicherheit bezüglich dem Verhältnis zur Dauer der Befristung lässt sich insofern einschränken, als das Europäische Parlament seine Haltung in Bezug auf die Arbeitsbedingungen-Richtlinie bekannt gegeben hatte. Danach soll die Länge der Probezeit nach der Dauer der Befristung dann verhältnismäßig sein, wenn sie ca. ein Viertel der Dauer des Arbeitsverhältnisses beträgt.  

Beispiele: 

  • Bei einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von 6 Monaten, würde die Länge der Probezeit demzufolge 1 ½ Monate betragen. 
  • Bei einer Laufzeit von 12 Monaten, dauert die Probezeit demnach 4 Monate. 

Auch wenn diese Richtwerte nicht in den Normtext übernommen wurden, so gelten sie doch als ernstzunehmende Anhaltspunkte, in welchem Verhältnis die Probezeit zur Laufzeit des Arbeitsvertrages stehen soll.

Wann ist eine Probezeit nach Art der Tätigkeit verhältnismäßig?

Neben der Dauer der Befristung gibt § 15 Abs. 3 TzBfG vor, dass auch die Art der Tätigkeit im Verhältnis zur Probezeit stehen muss. Die Erwägungsgründe der EU-Richtlinie geben hierüber bisher nur dürftig Auskunft. Dennoch lassen sich ein paar Faktoren ableiten, die die gesetzlichen Voraussetzungen einer Verhältnismäßigkeit erfüllen sollen. Dazu gehören:

  1. Wenn nur eine kurze Einarbeitungszeit erforderlich ist, soll sich die Länge der Probezeit entsprechend anpassen und verkürzen.
  2. Gleiches gilt für den übernommenen Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers. Ist dieser als weniger anspruchsvoll anzusehen, soll sich auch die Probezeit in Grenzen halten.
  3. Was die Tätigkeit selbst betrifft, so sind Schwierigkeits- und Verantwortungsgrad mit entscheidend für die Dauer der Probezeit. 
  4. Schließlich spielen natürlich auch die Befähigung des Mitarbeiters und dessen berufliche Erfahrung in seinem Wirkbereich eine maßgebliche Rolle. 

Was sind die Konsequenzen einer unverhältnismäßigen Probezeit?

Als erstes, direktes Ergebnis einer unverhältnismäßigen Probezeit lässt sich festhalten, dass die Probezeitvereinbarung eines befristeten Arbeitsvertrages unwirksam ist. Dies gilt für alle befristeten Arbeitsverträge, die nach der Anpassung des Nachweisgesetzes zum 1. August 2022 abgeschlossen worden sind. 

Was sind die Folgen einer unwirksamen Probezeitvereinbarung? 

Wenn die Probezeitvereinbarung in einem Arbeitsvertrag unwirksam ist, so ist die Regelung zu den Kündigungsfristen gemäß § 622 Abs. 3 BGB hinfällig. Dies bedeutet, dass die verkürzte Kündigungsfrist von 14 Tagen bzw. 2 Wochen in der Probezeit bei einer gewünschten Kündigung nicht (mehr) anwendbar ist. 

Jedoch ist zwischen der Unverhältnismäßigkeit der Probezeitvereinbarung einerseits und der Vereinbarung zur verkürzten Kündigungsfrist auf der anderen Seite im Arbeitsrecht zu unterscheiden. So führt eine zu kurze, nach § 15 Abs. 3 TzBfG unverhältnismäßige Probezeit nicht direkt dazu, dass die Probezeitvereinbarung an sich unwirksam ist. Wird allerdings gegen § 15 Abs. 3 TzBfG in dem Sinn verstoßen, als die vereinbarte Probezeit nicht „im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit“ steht, kann dies dazu führen, dass die vertraglich vereinbarte Kündigungsmöglichkeit insgesamt als unwirksam anzusehen ist. Dies hätte wiederum zur Folge, dass zumindest eine ordentliche Kündigung während der Probezeit nicht mehr möglich ist. 

Allerdings hat die Unwirksamkeit der Probezeitvereinbarung keine Auswirkung auf die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG. Sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 TzBfG nicht erfüllt, so besteht für den Arbeitnehmer dennoch kein Kündigungsschutz innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses – auch nach Ablauf der Probezeit nicht.

Sollten befristete Arbeitsverträge mit einer Probezeit von 6 Monaten nachträglich angepasst werden?  

Ja, es bietet sich an, befristete Arbeitsverträge mit einer Probezeit von 6 Monaten, die als unverhältnismäßig angesehen wird, zu überarbeiten. Umso mehr, als die noch relativ neuen Änderungen seit dem 1. August 2002 zu wenig Erfahrungswerte bieten, um umfassend für Klarheit zu sorgen. Gerade hinsichtlich der sich aus der Rechtsprechung ergebenden Kriterien wird man als Arbeitgeber daher gut beraten sein, Anpassungen vorzunehmen.

Um sicherzustellen, dass die ordentliche Kündbarkeit auch im Fall einer Unverhältnismäßigkeit weiterhin möglich ist, ist es sicherlich ratsam, diesen Umstand vertraglich detailliert festzuhalten. Damit wäre auch § 15 Abs. 4 TzBfG Genüge getan, wonach die Probezeit für ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann der ordentlichen Kündigung unterliegt, wenn diese im Sinne des § 15 Abs. 3 TzBfG als verhältnismäßig gilt. 

So ist zu empfehlen, neue Arbeitsverträge hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeiten mit entsprechenden Klauseln „auszustatten“. Denn somit wissen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer, welche Regelungen jeweils anwendbar sind, um in wichtigen Berufssituationen gewappnet zu sein. Gleichzeitig sollte man die bestehenden Verträge und ihre momentanen Regelungen zur Kündigung kontrollieren und entsprechend anpassen. Denn auf diese Weise kann die Gefahr gebannt werden, dass befristete Arbeitsverhältnisse nicht mehr ordentlich zu kündigen sind. 

Besteht bei einer Probezeit unter 6 Monaten bei befristeten Arbeitsverträgen Kündigungsschutz?

Sollte eine 6-monatige Probezeit in einem befristeten Arbeitsvertrag nicht mehr verhältnismäßig sein und muss gekürzt werden, zum Beispiel auf vier Monate, kommt der Kündigungsschutz zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Geltung. Denn nach § 1 Abs. 1 KSchG greift dieser Schutz bei Kündigung erst in einem Arbeitsverhältnis, welches ohne Unterbrechung mindestens sechs Monate andauert – unabhängig von der Länge der Probezeit. 

Das bedeutet, die Probezeit kann zwar kürzer als sechs Monate im Vertrag angesetzt werden, wodurch längere Kündigungsfristen als 2 Wochen nach Ablauf der Probezeit gelten – der Kündigungsschutz greift jedoch stets erst nach sechs Monaten. Es kann also auch nach Ablauf der Probezeit noch kein Kündigungsschutz bestehen.