Darauf kommt es bei der Videoüberwachung in Verkaufsräumen an

Die Schäden, die durch Ladendiebstahl jedes Jahr in Deutschland verursacht werden, gehen schier ins Unermessliche. Weil Ladendiebstahl kaum noch von Staatsanwaltschaften verfolgt wird, gerät möglicherweise auch Ihr Unternehmen in Zugzwang.
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Durch den Einsatz von allerlei Technik soll Langfingern das Leben schwer gemacht werden. Die Videoüberwachung erfreut sich als kostengünstige Lösung bei Unternehmen großer Beliebtheit. Doch nicht alles ist zulässig, was technisch machbar ist. Vermeiden Sie die nachfolgenden Stolperfallen bei der Videoüberwachung und Ihre Mitarbeiter können ohne Sorge auf Jagd nach Ladendieben gehen.

Videoüberwachung: Datenschutz und Arbeitsrecht

Wenn Sie Unternehmer fragen, ob bei der Videoüberwachung etwas zu beachten sei, kommt manchmal ein ganz klares „Nein, schließlich darf ich in meinem Laden machen, was ich will“. Dass bei der Überwachung per Videokamera datenschutzrechtliche und gegebenenfalls auch arbeitsrechtliche Aspekte zum Tragen kommen, kann sich nicht jeder vorstellen. Dass dem aber so ist, beweist § 6b BDSG. Dort finden Sie die entscheidenden Regelungen zur Zulässigkeit der Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mittels optisch-elektronischer Einrichtungen.

Beobachten reicht aus

Nach der gesetzlichen Regelung kommt es nicht darauf an, ob Sie die von der Kamera aufgenommenen Bilder aufzeichnen oder nicht. Es reicht aus, wenn Sie eine Überwachungskamera mit einem Monitor verbinden und diese technische Einrichtung quasi nur als verlängertes Auge benutzen. Auch bei solcher Videoüberwachung muss Ihr Unternehmen § 6b BDSG beachten.

Raum ist nicht gleich Raum

Von § 6b BDSG werden nur öffentlich zugängliche Bereiche erfasst. Doch das sind, gerade wenn es um den Kundenbereich geht, mehr Flächen, als manche denken. § 6b BDSG will nämlich darunter all jene Bereiche und Flächen verstanden wissen, die dazu bestimmt sind, von jedermann betreten zu werden. Hierbei ist es nicht zwingend erforderlich, dass es sich um eine Fläche innerhalb eines Gebäudes handelt. Aus diesem Grund kann auch ein Kundenparkplatz als öffentlich zugänglicher Raum den Regelungen des § 6b BDSG unterliegen.

Beispiele für Räumlichkeiten, die unter § 6b BDSG fallen:

  • Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgeschäfts oder Supermarkts
  • Kundenparkplätze
  • Parkhäuser
  • Umkleiden im Fitnessstudio
  • Bibliotheken
  • Tankstellen
  • Zugangswege und Zufahrten auf dem Unternehmensgrundstück, die auch von Kunden und sonstigen Dritten genutzt werden.

Sollen Flächen und Bereiche von der Videoüberwachung erfasst werden, die nicht jedermann zugänglich sind und beispielsweise nur von Mitarbeitern betreten werden dürfen, ist § 6b BDSG prinzipiell nicht anwendbar. Ob der Einsatz von Überwachungskameras in solchen Räumlichkeiten zulässig ist, beurteilt sich dann beispielsweise nach dem neuen § 32 BDSG.

Hinweis: Die Zulässigkeit einer Videoüberwachung kann auch durch andere rechtliche Aspekte beeinflusst werden. Denken Sie beispielsweise an

  • das erzwingbare Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), auch wenn eine Überwachung der Mitarbeiter von Arbeitgeberseite eigentlich nicht gewollt ist, oder
  • die Verpflichtung der Parteien der Betriebsverfassung zum Schutz der freien Entfaltung der Persönlichkeit (§ 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG) oder
  • das Strafgesetzbuch, beispielsweise § 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen), oder
  • das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG), beispielsweise in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Videoüberwachung: Zulässige Zweckbestimmung

Wenn Ihr Unternehmen eine Anlage zur Videoüberwachung einfach mal so installieren und einsetzen will, ist Ärger vorprogrammiert. Nach § 6b BDSG gibt es nämlich nur 3 Zwecke, zu deren Erfüllung der Einsatz von Überwachungskameras zulässig ist. Dies ist der Fall bei der Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen (§ 6b Abs. 1 Nr. 1 BDSG), der Wahrnehmung des Hausrechts (§ 6b Abs. 1 Nr. 2 BDSG) oder bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke (§ 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG). Möchte Ihr Unternehmen sich beispielsweise vor Sachbeschädigungen schützen, dient eine diesbezügliche Videoüberwachung der Wahrung Ihres Hausrechts. Möchten Sie Ladendiebstähle verfolgen, handelt es sich um die Wahrnehmung berechtigter Interessen.

Wichtig: Manchmal stehen aber auch schutzwürdige Interessen von Betroffenen einer Videoüberwachung entgehen. An manchen Orten verbietet sich eine Videoüberwachung schlichtweg. Hierzu zählen Arbeitsplätze von Mitarbeitern, Toiletten, Innenbereiche von Umkleiden im Geschäft, Duschen im Fitnessstudio usw.

Setzen Sie Zeichen bei Videoüberwachung

Wichtig ist, dass Sie auf die Videoüberwachung frühzeitig hinweisen. Dies macht nämlich § 6b Abs. 2 BDSG zur unentbehrlichen Voraussetzung. Der Hinweis muss so gestaltet und positioniert sein, dass eine Person rechtzeitig erkennen kann, dass sie sich auf einen kameraüberwachten Bereich zubewegt. Denkbar ist hier ein gut leserliches Hinweisschild mit einem entsprechenden Text (z. B.: Dieser Verkaufsraum wird videoüberwacht. ABC GmbH. Telefon: 0 12 34/5 67 89) oder aber mit einem Kamerasymbol verbunden mit dem Hinweis auf die verantwortliche Stelle. Wenn Sie noch nicht wissen, wie Sie dies optisch gestalten sollen, kann Ihnen geholfen werden: Denn was wäre Deutschland, wenn es für ein solches Hinweisschild keine Norm geben würde. In der DIN 33450 können Sie sich schlaumachen, wie ein solcher Hinweis optisch gestaltet werden sollte und wo dieser anzubringen ist. Als Hinweis kann es unter Umständen auch ausreichen, wenn Sie im Eingangsbereich einen Monitor installieren, der das aktuelle Bild der Überwachungskamera wiedergibt. Natürlich muss hier alles so gestaltet sein, dass eigentlich niemand am Monitor vorbeikommt, ohne dass er diesen bemerken muss.



Info: Entscheiden Sie sich für ein Hinweisschild, so muss hierauf auch erkennbar sein, wer die Videoüberwachung durchführt, das heißt, wer als verantwortliche Stelle für die Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten ist.

Apropos Attrappen

Manchmal reichen Attrappen vollkommen aus, um die Diebstahlsquote zu senken. Manche Aufsichtsbehörden bestehen aber auch bei Attrappen darauf, dass sie gemäß § 6b Abs. 2 BDSG auf den Einsatz von Videoüberwachung und die verantwortliche Stelle hinweisen. Schließlich kann niemand wissen, ob es sich um eine echte Kamera handelt oder diese ohne jegliche Funktion ist.

Tipp: Falls Ihre Geschäftsleitung dies für überflüssig hält, können Sie damit argumentieren, dass durch einen Hinweis die abschreckende Wirkung zusätzlich verstärkt wird.

Grenzen der Videoüberwachung

Das gilt gerade in räumlicher Hinsicht, wenn Ihr Unternehmen im Außenbereich eine Anlage zur Videoüberwachung zum Einsatz bringen möchte. Zwar ist Ihr Unternehmen beispielsweise auch auf einem Kundenparkplatz Inhaber des Hausrechts und eine Videoüberwachung kann gerade zur Ausübung dieses Rechts erforderlich sein. Allerdings endet das Hausrecht Ihres Unternehmens an der Grundstücksgrenze. In diesem Zusammenhang hat das Amtsgericht Berlin-Mitte in einem Urteil entschieden, dass die zur Überwachung von Verkaufsflächen eingesetzten Kameras nur solche Aufnahmen liefern dürfen, die nicht mehr als 1 Meter über die Grundstücksgrenze hinausgehen (Urteil vom 18.12.2003, Az. 16 C 427/02).

Hinweis: Es ist also wichtig, dass Sie sich ansehen, welche Bilder von den Kameras aufgenommen werden und wie weit der Bildausschnitt über die Grundstücksgrenzen Ihres Unternehmens hinausreicht. Vertrauen Sie also nicht darauf, was man Ihnen erzählt, sondern machen Sie sich selbst ein Bild davon.

Videoüberwachung: Kontrollieren Sie vorab

In vielen Fällen wird Ihr Beauftragter für Datenschutz nicht um die Durchführung einer so genannten Vorabkontrolle vor der Inbetriebnahme einer Anlage zur Videoüberwachung herumkommen. Möchte Ihr Unternehmen beispielsweise Verkaufsräume überwachen, um sich vor Langfingern zu schützen, erhalten Sie natürlich auch Bildmaterial von Personen, die Ihr Geschäft besuchen, ohne auch nur ansatzweise die Absicht zu haben, etwas mitgehen zu lassen. Zusätzlich möchte Ihr Unternehmen ja gerade deshalb Videoüberwachung einsetzen, um das Verhalten, beispielsweise Diebstahlshandlungen, der Kunden bewerten zu können. Mit dieser Absicht erfüllt Ihr Unternehmen die in § 4d Abs. 5 BDSG genannten Voraussetzungen, wodurch der betriebliche Beauftragte für den Datenschutz zur Durchführung einer Vorabkontrolle verpflichtet ist.

Speichern ja, aber bitte nicht ewig

Nur noch selten werden Überwachungsbilder auf Videorekordern aufgezeichnet. Meistens werden Festplattenrekorder oder PCs verwendet, weil so die Steuerung der Aufnahmen und das Wiederfinden von Bildern einfacher und schneller zu bewerkstelligen sind. Das Problem bei dieser modernen Variante der Videoüberwachung ist meist die Größe der Festplatte im eingesetzten Aufzeichnungsgerät. Abhängig vom zeitlichen Abstand und der Qualität der aufgenommenen Überwachungsbilder kann der Platz unter Umständen für ein Jahr ausreichen. Hierbei taucht ein Problem beim Datenschutz auf: Daten sind nämlich dann zu löschen, wenn der mit ihnen verfolgte Zweck weggefallen ist (§ 35 Abs. 2 Nr. 3 BDSG), was in den meisten Fällen schon spätestens nach 24 Stunden der Fall sein dürfte. Ihr Unternehmen muss daher darauf achten, dass Bildmaterial regelmäßig gelöscht wird.

Tipp: Heutzutage ist es bei den meisten Aufzeichnungsgeräten möglich, dass diese in einer Schleife aufzeichnen. Das bedeutet, dass je nach Erforderlichkeit beispielsweise nach 24 oder 48 Stunden alte Videobilder automatisch durch neue Aufnahmen überspielt werden.

Bilder aus der Videoüberwachung als Beweismaterial

Wenn Ihr Unternehmen aufgenommene Bilder als Beweismittel nutzen möchten, ist es zwingend erforderlich, dass die personenbezogenen Daten in Form des Bildmaterials dem Datenschutz konform erhoben worden sind. Wurde das Bildmaterial beispielsweise ohne Hinweis auf die Videoüberwachung hergestellt, kann es sein, dass sich zwar ein Richter das Bildmaterial ansieht, dieses aber bei seiner Urteilsfindung als unzulässiges Beweismittel unberücksichtigt lässt. Hier kommt es allerdings auf die Umstände des Einzelfalls an. Und vor allem auf den Richter.

Schulen Sie Ihre Mitarbeiter

Besonders wichtig ist, dass Sie die mit der Videoüberwachungsanlage arbeitenden Personen im Hinblick auf den Datenschutz gemäß BDSG schulen. Achten Sie darauf, dass Sie Vorgaben machen, wie und unter welchen Umständen eine Videoüberwachung stattfinden darf. Dies kann neben einer Schulung auch eine Handlungsanweisung sein, in der genau festgelegt ist, welche Bereiche überwacht werden dürfen, wie mit aufgezeichneten Bildern umgegangen werden darf und wann das Bildmaterial zu löschen ist.

Keine Bespitzelung von Arbeitnehmern durch Videoüberwachung

Manch ein Arbeitgeber möchte nur zu gerne wissen, was seine Arbeitnehmer so den ganzen Tag treiben. Schnell kommt dann der ein oder andere Chef auf die Idee, ohne das Wissen der Arbeitnehmer eine Kamera zu installieren. Doch dies muss ein Traum bleiben. Grundsätzlich ist nämlich die Überwachung, insbesondere die heimliche Überwachung, von Arbeitnehmern per Videokamera unzulässig. Nur wenn genügend Verdachtsmomente für beispielsweise eine strafbare Handlung des Arbeitnehmers vorliegen und ein Beweis nicht auf andere Weise geführt werden kann, darf eine Person für einen eng umgrenzten Zeitraum per Video überwacht werden. Letzteres wurde vom Bundesarbeitsgericht immer wieder in seinen Urteilen betont.

Eine Betriebsvereinbarung bei Videoüberwachung muss sein

Auch wenn der Einsatz von Videoüberwachung nicht heimlich passieren soll, so ist zumindest denkbar, dass Ihre Geschäftsleitung die mit den Kameras eingefangenen Bilder zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle heranziehen möchte. Damit liegen alle Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vor und der Betriebsrat hat bei der Ausgestaltung des Einsatzes der Videoüberwachungsanlage mitzubestimmen. Es ist also erforderlich, dass vor der Inbetriebnahme der Anlage eine so genannte Betriebsvereinbarung geschlossen wird.

Hinweis: Wegen ihres regulierenden Charakters kann in Betriebsvereinbarungen insbesondere eine geeignete organisatorische Maßnahme im Sinne des § 9 Satz 1 BDSG gesehen werden. Oftmals enthalten Betriebsvereinbarungen auch technische Vorgaben, so dass auch den Anforderungen der Anlage zu § 9 Satz 1 BDSG in angemessenem Umfang Rechnung getragen wird.